Interview mit Auto-i-Dat zum Occasionsmarkt

«Gebrauchte laufen derzeit besser als Neuwagen»

Wie entwickelt sich der Occasionsmarkt, was sollten Garagen vermeiden – und werden Teslas nun gebraucht zu Stehzeugen? Wir fragen Experten vom Datenspezialisten Auto-i-Dat: René Mitteregger, Leiter Produktmanagement, und Azren Rastoder, Leiter Automobildaten.
Publiziert: 17. Juni 2025

Von

Timothy Pfannkuchen


										«Gebrauchte laufen derzeit besser als Neuwagen»
Gefragte Gebrauchte: Der Preishöhenflug ist passé, doch das Occasionsgeschäft läuft. Foto: AGVS-Medien

René Mitteregger und Azren Rastoder, war das Frühjahr wieder die Occasionszeit schlechthin?
René Mitteregger, Leiter Produktmanagement bei Auto-i-Dat: Ja, das Frühjahr bleibt Autokaufzeit. In März, April und Mai werden mehr Autos gekauft, Neuwagen ebenso wie Occasionen. Dieses Jahr ging es aber früher los: Schönes Wetter und kein Autosalon als Neuwagen-Orientierungspunkt, da spürte man das Frühjahr bereits im Februar.

Gilt die alte Weisheit «schwacher Neuwagenmarkt gleich starkes Occasionsgeschäft» noch?
René Mitteregger: Das kann man so sagen. Der Neuwagenmarkt stockt etwas – und die Halterwechsel nehmen zu. Im ersten Quartal waren es mehr als im Vergleichsquartal 2024 und sogar etwas mehr als 2023. Die Standzeitenentwicklung bestätigt das, diese sind im Schnitt um zwei auf 82 Tage gesunken.
Azren Rastoder, Leiter Automobildaten bei Auto-i-Dat: Zum Vergleich: Drei Monate zuvor waren es 84 und sechs Monate zuvor 87 Tage.
René Mitteregger: Occasionen laufen also derzeit besser als Neuwagen. Wenngleich auf relativ tiefem Niveau: Der Occasionsmarkt ist noch immer nicht dort, wo er vor Corona war. Normal waren einst 76 bis 78 Tage. Das Preisniveau hat sich nach dem Anstieg von 2022 bis Mitte 2024 jetzt normalisiert. Nachdem die Hersteller Lieferrückstände aufgeholt hatten, hielt die Nachfrage nicht mehr mit dem hohen Preisniveau mit: Die Halterwechsel nahmen ab und die Standtage zu, also sanken die Preise.
Azren Rastoder: Dies zeigte sich schön um den Jahreswechsel. Von Dezember bis Mai waren die Marktpreise für zweijährige Fahrzeuge knapp drei Prozent rückläufig, bei dreijährigen nur knapp eineinhalb Prozent und so weiter: je älter, desto stabiler. Seit März scheinen wir aber die Talsohle zu durchschreiten: Seither sind wir praktisch überall im Plus, aber nie über ein Prozent – also praktisch keine Veränderung.

Was erwarten Sie denn für den Rest des Jahres 2025?
René Mitteregger: Das ist schwierig zu beantworten. Es ist abhängig davon, was die Hersteller liefern können und was im Markt ankommt. Die Hauptfrage ist: Ist die Bereitschaft da, Neuwagen zu kaufen? Im Moment sind die Konsumentinnen und Konsumenten sehr verhalten. Das könnte dazu führen, dass Ende Jahr gute Occasionen fehlen.
Azren Rastoder: Dann könnten die Preise steigen, weil wegen weniger Neuwagenverkäufen wieder vermehrt Occasionen nachgefragt werden. Bis die Fahrzeuge wieder zu teuer sind und länger stehen. Das wäre ein typischer Zyklus im Occasionsgeschäft, der sich bis ins Frühjahr hineinziehen könnte.

Wie gross ist der Einfluss von Antrieb oder Aufbau auf die Nachfrage?
René Mitteregger: Bei Occasionen spielt der Antrieb eine untergeordnete Rolle. Alle SUV sind gefragt, auch mit dem totgesagten Diesel. Aber gerade bei jüngeren Occasionen stockt der Elektromarkt.
Azren Rastoder: Höchstens ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer kann zuhause laden, etwa 40 Prozent parkieren im Freien: Wo sollen die laden? Also wird eher Verbrenner oder Hybrid gekauft.
René Mitteregger: Hybride sind übrigens generell sehr beliebt, und das gilt auch für Plug-in-Hybride.

Apropos Elektro: Schlägt sich Teslas Neuwageneinbruch auf dem Occasionsmarkt nieder?
Azren Rastoder: Noch nicht, der Preiszerfall ist nicht dramatisch, und aktuell hat Tesla noch immer fast zehn Standtage weniger als der Schnitt. Ob und inwieweit das durchschlägt, bleibt abzuwarten: je weniger neue Teslas, desto begehrter die Occasionen. Und die Gründe liegen ja nicht nur bei Tesla: Die Konkurrenz ist gut aufgestellt, viele kaufen wieder etablierte deutsche oder asiatische Marken.

Gibt es denn typische Fehler, die Garagen manchmal bei Occasionen machen?
Azren Rastoder: Selten, denn Garagistinnen und Garagisten sind Profis. Aber beim Eintausch sehen wir manchmal, dass nicht gut genug hingeschaut wird. Da steht dann die MFK an, die Bremsen sind hinüber, die Reifen runter und der Service ist fällig. So kann man richtig viel Geld verlieren.
René Mitteregger: Wobei auch ich betonen möchte: Das Gros der Garagen macht den Job gut, sonst gäbe es sie nicht mehr. Aber Augen auf beim Eintausch ist das Wichtigste. Ein Modell, das sowieso nicht gut weggeht, würde ich mir derzeit nicht auf den Platz holen. Und Sie sollten sich nicht nur auf Ihren Bauch verlassen. Und schauen: Was habe ich gut verkauft und könnte es wieder eintauschen?

Hat Auto-i-Dat deshalb das Bewertungstool Autovalue lanciert?
René Mitteregger: Ja, denn damit können Sie einerseits einfach sehen, ob sich ein Fahrzeug voraussichtlich wieder verkaufen lässt. Andererseits können Sie die Instandstellungskosten einfach ermitteln, den tatsächlichen Wert des Eintauschfahrzeugs bestimmen und transparent argumentieren, weshalb Sie vielleicht einen tieferen Eintauschpreis bieten als andere. In den meisten Fällen wird das überzeugen.

 

Preise für E-Occasionen fallen

Laut Analyse von Autoscout24 fielen die Occasionspreise bei Alternativantrieben 2024 im Vergleich zu 2023 bei Vollhybriden um ein, bei Plugin- Hybriden um zwei, bei Mildhybriden um sieben und bei den reinen E-Autos (deren Anteil an allen Occasionen um eines auf fünf Prozent stieg) um zwölf Prozent. Im ersten Quartal 2025 setzte sich dieser Trend fort: Die E-Auto-Occasionen wurden gegenüber dem Vorjahresquartal 1,5 Prozent günstiger. Über alle Occasionen hinweg blieben die Preise gemäss der Auswertung stabil, wobei die Autoscout-Durchschnittsoccasion 37 681 Franken kostete.